Velo Club Pfaffnau-Roggliswil: Eine Schweizer Radsport-Grösse
Beitrag von Judith Steinmann-Häfliger | Heimatkunde Wiggerthal, Band 77, 2020
Kameradschaft pflegen, ohne grosse Kosten etwas von der Schweiz sehen und sich sportlich betätigen: Das waren Gründe dafür, warum am 26. Februar 1926 ein paar Gleichgesinnte beschlossen, den Veloclub Pfaffnau zu gründen. In erster Linie wollten Gründungspräsident Konrad Lingg und Initiant Karl Rösli den Breitensport fördern. Mit den Jahren indes kam dem Radrennsport immer mehr Bedeutung zu und schon bald durfte der Veloclub seine ersten Erfolge feiern – beispielsweise beim Innerschweizer Mannschaftsfahren. Mit den Gebrüdern Frank (Josef, Fritz und Anton) sowie dem Veteran Josef Bühler aus St. Urban verfügte der Verein nun über eine schlagkräftige Truppe, dieser wollte er auch Renngelegenheiten bieten. So führte der VC Pfaffnau 1929 erstmals die Innerschweizer Strassenmeisterschaften durch. Die Strecke führte über Reiden-Willisau-Wolhusen-Emmenbrücke-Eschenbach-Sempach-Büron-Knutwil-Reiden zurück nach Pfaffnau. Leider musste Vereinsmitglied Anton Frank kurz vor dem Ziel einen Defekt hinnehmen und beendete das Rennen auf dem zweiten Rang. Ein Jahr später feierten die Paffnauer den ersten Sieg im Kantonalen Mannschaftsfahren. Das wurde gross gefeiert.
Namensänderung im Jahr 1938
Das Zehn-Jahre-Jubiläum verband der Verein mit der Austragung eines schweizerischen Juniorenrennens. Auch auf kantonaler Ebene machte der VC Pfaffnau auf sich aufmerksam: Vinzenz Studer wurde Mitglied im Kantonalvorstand. 1938 erfolgte eine Statutenrevision. Dabei wurde der Name auf Veloclub Pfaffnau-Roggliswil geändert. Dies, weil das Nachbardorf ebenso viel zum Erfolg beitrug wie Pfaffnau. Im Mai des besagten Jahres folgte die Fahnenweihe. In den kommenden Saisons organisierte der Verein viele Ausfahrten mit jeweils grosser Beteiligung. Diese Begegnungen waren für alle wertvoll – die Velofahrer pflegten dabei Kameradschaften und knüpften neue Kontakte. 1951 feierte der Verein sein 25-jährige Bestehen mit einer würdigen Generalversammlung. An dieser wurde der damalige Präsident Anton Frank zum Ehrenpräsidenten ernannt. Gleichzeitig blickte der VC voller Stolz auf seine 49 Mitglieder starke Jungradler-Abteilung. Zwischen 1957 bis 1963 mangelte es dann etwas an Rennfahrern, der VC Pfaffnau-Roggliswil reduzierte seine Aktivitäten. Doch bald schon reihten sich wieder Erfolg an Erfolg – beim Mannschaftszeitfahren wie auch an vielen nationalen und internationalen Rennen. Mit der Organisation und erfolgreichen Durchführung von mehreren Schweizermeisterschaften, des GP Luzern und dem Prolog der Tour de Romandie im Jahr 2001 standen grosse und wichtige Rennen an.
Für Hobbysportler und angehende Profis
Heute gehört der Veloclub Pfaffnau-Roggliswil mit seinen rund 180 Mitgliedern zu den grössten Sektionen der Schweiz. Der Verein ist stolz darauf, dass intern ausgebildete Sportlerinnen und Sportler immer wieder Aufnahme finden in einem Nationalkader und später in einem Profiteam. Folgende Rennfahrerinnen und Rennfahrer vertreten den Vereinsnamen momentan auf internationaler Ebene: Mathias Frank (Nottwil) und Roland Thalmann (Romoos) sowie Doris Schweizer (Olten). Bei den Paracyclern sind Beni Früh (Gossau) und Roger Bolliger (Bottenwil) erfolgreich für den VC Pfaffnau-Roggliswil unterwegs. Die Tricots sind nach wie vor in den Farben blau/rot des Hauptsponsors gehalten, dem Pneuhaus Frank. Im Verein und auf der Strasse trifft man Strassenrennsportler und Mountainbiker in allen Altersgruppen. Als Präsident amtet seit Januar 2018 der ehemalige Profi-Rennfahrer Kurt Steinmann. Sechs weitere Vorstandsmitglieder unterstützen ihn.
Damit die Mitglieder und Supporter über das Vereinsleben informiert sind, erscheint fünfmal jährlich das Vereinsbulletin. 40 aktive junge Rennfahrer/innen und Biker/innen gehörten dem Verein im Jahr 2019 an, das Mindestalter beträgt sechs Jahre. Für Hobbysportler bietet der Veloclub Pfaffnau-Roggliswil etliche Aktivitäten zum Mitmachen. So beginnt die Saison jeweils am Karfreitag mit einer gemeinsamen Ausfahrt. Ferien mit dem Velo und eine Reise an die Weltmeisterschaften gehören fest ins Jahresprogramm der Hobbyfahrer. Sie dienen der Pflege der Kameradschaft und dem Fithalten.
Ausgeprägte Nachwuchsförderung
Nachwuchsförderung wird beim VC Pfaffnau grossgeschrieben. Das 2016 neu lancierte Projekt «Kids-Bike» trägt die ersten Früchte: An verschiedenen Rennen auf der Strasse und auf dem Mountainbike kämpft der Nachwuchs um Siege. Mit einem grossen freiwilligen Trainer- und Helferstab organisiert der Veloclub wöchentliche Trainings für Kinder und Jugendliche – auf der Strasse sowie im Gelände. «Kids-Bike» findet jeden Samstagvormittag von Anfang April bis Ende September statt. Rund 75 Kinder nahmen 2018 an einem oder mehreren Trainings teil. Durchschnittlich konnten die Leiter 2018 jeden Samstag an die 25 Nachwuchs-Velofreunde begrüssen. Zum Saisonabschluss findet jeweils in der ersten Herbstferienwoche ein zweitägiges Weekend mit einem Überraschungsausflug am zweiten Tag statt. Das erste Training von «Kids-Bike» im Jahr 2019 begann mit einem neuen Teilnehmerrekord: 47 Kinder waren anwesend. Für die Strassenrennfahrer wiederum gibt es wöchentlich am Dienstagabend ein Training, mit Treffpunkt beim Landgasthof Lerchenhof in Mehlsecken. Am Mittwochabend finden sich alle Interessierten – Strassenfahrer und Mountainbiker – zu einem Techniktraining ein. Hier üben sie vor allem die Geschicklichkeit und das Gleichgewicht. Anschliessend absolvieren die Bikerinnen und Biker ein anderthalbstündiges Training.
Vom Mittwochabendrennen zum Radtest
Damit die Nachwuchsfahrer Gelegenheit haben, sich vor einheimischem Publikum zu zeigen, organisiert der VC verschiedene Rennen. Einerseits die beiden grossen Veranstaltungen mit dem nationalen Strassenrennen GP Luzern im Mai und dem Cross-Race GP Luzern am Stephanstag. Das Organisationskomitee unter Präsident Michael Wechsler führt die Anlässe sie in sehr professioneller Weise durch. Das Strassenrennen wird alle zwei Jahre ausgetragen; am 26. Dezember 2019 findet das vierte Cross-Race GP Luzern statt. Ferner gibt es in Roggliswil einen jährlichen Lauf des CKW-Cup Mittwochabendrennens, diesen organisiert der Veloclub zusammen mit dem Kantonalverband Swiss Cycling Luzern. Den allseits beliebten Radtest führt der VC Pfaffnau schon seit mehreren Jahrzehnten durch. Hierbei handelt es sich um ein Zeitfahren für radsportbegeisterten Kinder mit dem Mountainbike oder dem Rennrad. Auf einer abgesperrten und gesicherten Strecke kämpfen die Teilnehmenden gegen die Uhr. Von zwei Läufen zählt der schnellere. Alle, die mitgefahren sind, erhalten eine Auszeichnung. Der Radtest ist ein erstes Rennen, an dem Teilnehmende Erfahrungen sammeln können. Auch die heutigen Profis Mathias Frank und Roland Thalmann absolvierten hier einst ihre ersten Rennkilometer. Die Verantwortlichen der Sportkommission halten bei diesem Anlass stets Ausschau nach talentierten Nachfolgern.
Auch polysportiv aktiv
Im Spätherbst erfolgt in Pfaffnau jeweils ein Lauf der Rennserie «afeno Quer- und Bike Cup». Meistens organisiert der Veloclub Pfaffnau-Roggliswil das Schlussrennen mit der Rangverkündigung. Der Anlass findet praktisch auf der Originalstrecke des Cross-Race GP Luzern mit Start und Ziel bei der Schnitzelfeuerung statt. Der VC ist aber auch polysportiv aktiv. So hat die Geschäftsleitung des Luzerner Stadtlaufs im Jahr 2018 angefragt, ob Vereinsmitglieder mit ihren Fahrrädern die Streckensicherung übernehmen. Seither sind jeweils zehn Fahrerinnen und Fahrer vom Nachmittag bis Abend im Einsatz am Grossanlass in der Leuchtenstadt und weisen den Wettkämpferinnen und Wettkämpfern den Weg ins Ziel. Überdies haben schon etliche Schulen und Vereine angefragt, ob der VC Pfaffnau-Roggliswil bei einem Ferienspass oder Projekttag zum Thema «Fahrrad» einen Halbtag gestaltet. An solchen Anlässen lernen oder vertiefen Teilnehmende während ein paar Stunden die Geschicklichkeit, die Bremstechnik und Sicherheit auf dem Bike. In Übungen wird das Ganze gefördert und spielerisch erlernt. All das zeigt: Viel hat sich seit der Gründung im Jahr 1926 verändert. Das Hauptziel indes ist dasselbe geblieben. Velofahren, die Kameradschaft pflegen, ohne grosse Kosten etwas von der Schweiz sehen und sich sportlich betätigen.